Psychomotorik: spielend zu besserer Lebensqualität

Spielend entdecken Kinder die Welt. Sie bewegen sich, sie denken, sie fühlen und sie lernen. Die Psychomotorik fördert vorhandene Ressourcen und unterstützt die individuelle Entwicklung. Wir haben uns mit Alexandra Eyer unterhalten, Psychomotorik-Therapeutin an der Schule Effretikon.

Frau Eyer, Bewegung ist das zentrale Element der Psychomotorik, wieso?

Die Psychomotorik beschäftigt sich mit der Wechselwirkung von Wahrnehmen, Fühlen, Denken, Bewegen und Verhalten. Sie beobachtet, welche Auswirkungen emotionale Probleme auf die körperliche Ebene, also die Bewegungen, haben. Und dann kann man im Umkehrschluss mittels körperlicher Übungen an den Schwierigkeiten – beispielsweise Verhaltensauffälligkeiten – arbeiten.

Inwiefern unterstützt die Psychomotorik die Entwicklung?

Sie fördert das Vertrauen in sich selbst und in andere, das führt zu mehr Selbständigkeit und zu einer grösseren sozialen Kompetenz. Auch die Freude an der Bewegung und die Fähigkeit, das eigene Verhalten zu regulieren, wird gestärkt.

Für wen eignen sich die Ansätze der Psychomotorik?

Grundsätzlich können Kinder, Jugendliche und Erwachsene profitieren. Wer beispielsweise Mühe hat beim Führen des Schreibwerkzeugs, wer oft über die eigenen Füsse stolpert oder wer sehr ängstlich ist. Psychomotorik hilft dem ewigen Zappelphilipp genauso wie dem Erwachsenen, der seine Kreativität oder Konzentrationsspanne erweitern oder an seinen Beziehungsproblemen arbeiten möchte.

Als Psychomotorikerin ermöglichen Sie Erfolge, vermitteln also positive Gefühle.

Genau. Mit unseren Übungen fokussieren wir auf vorhandene Stärken und erhöhen so das Selbstwertgefühl. Grundsätzlich sind Menschen jeden Alters neugierig; wir wollen lernen. Umso mehr Spass und Erfolg wir dabei haben, umso leichter fällt uns das – weil positive Gefühle starke Gefühle sind.

Sie helfen auch bei der Entwicklung von Lernstrategien.

Nehmen wir das Beispiel Konzentration: Entspannungssequenzen sind wichtig, weil Erholungszeit Verarbeitungszeit ist. Deshalb üben wir Rituale: Konzentriert arbeiten,
austoben, entspannen, weiterarbeiten. Kein Mensch kann stundenlang konzentriert und produktiv am Arbeitsplatz sitzen. Wenn ich mit den Kindergärtnern arbeite, wechseln
sie beispielsweise alle sieben Minuten die Spiel-Station, räumen also auf, gehen an einen neuen Spielort, holen das neue Spiel hervor. Dieses Stationentraining bewährt sich sehr. Schon durch diesen Rhythmus werden Kompetenzen vertieft. Auch der Erwachsene im Homeoffice sollte regelmässig vom Schreibtisch aufstehen, nach draussen gucken, sich strecken oder sich selbst eine Klopfmassage verpassen.

Was für Übungen enthält denn die Psychomotorik konkret?

Beispielsweise geht es bei Kindern häufig um den Aufbau der Tonusstärke. Aufrecht zu sitzen und beidhändig frei zu arbeiten, bedarf einer Grundspannung. Ich mache Spiele oder gebe Aufträge, wo wir beispielsweise im Stütz sind. Oder ich arbeite in der Kletterhalle. Die Übungen
müssen Interesse wecken, sie dürfen Wettkampf-Komponenten sowie kooperative Aufgaben auf verschiedenen Levels enthalten. Im Gegensatz dazu geht es bei manchen Kindern viel mehr um das Erlernen von Entspannung. Auch da können wir Hand bieten.

Arbeiten Sie auch mit technologischen Hilfsmitteln?

Ja, aber gut dosiert. Nehmen wir das Schreiben. Handschriftlich zu arbeiten, ist sehr nützlich. Wenn es ein Kind aber so sehr belastet, dass es die Freude am Geschichten erfinden und schreiben verliert, ist der Computer definitiv die bessere Wahl!

Sie haben während des ersten Lockdowns einen Fundus erarbeitet mit grob- und feinmotorischen sowie grafomotorischen Übungen in kurzen Videoclips.

Die HP School Tool Leser dürfen sich gerne per E-Mail bei mir melden: info@alexandra-eyer.ch. Dann stelle ich ihnen ein Log-In für meine Website zu, wo ich meine Übungsvideos gesammelt habe – natürlich kostenlos.

Ganz herzlichen Dank, Frau Eyer, für die spannenden Einblicke und ein grosses Dankeschön, dass unsere Leser Ihre Übungsvideos nutzen dürfen!